Wissenschaft
Nr. 8/2004 16. Februar 2004
BÜCHER

Humoristische Chemie 

Heiteres aus dem Wissenschaftsalltag Weinheim (dpa/fwt)

Berichte über Feuer speiende Drachen finden sich vornehmlich in älterer Literatur, zum Beispiel der Siegfriedsage. Das Zeitalter der Aufklärung wies derlei Getier ins Reich der Fabel – obwohl ein solcher Organismus aus Sicht eines Chemikers durchaus möglich erscheint. Der nötige Brennstoff Alkohol ließe sich ohne Zweifel biosynthetisch herstellen, im Körper lagern und schließlich beim Ausatmen zünden. „Die Biochemie der grünen Feuerdrachen kommt durchaus ohne ungewöhnliche, neue chemische Reaktionen aus“, heißt es im neuen Band Humoristische Chemie“ (Verlag WILEY-VCH, Weinheim). Die Chemiker Ralf Jacobi und Professor Henning Hopf geben damit auf annähernd 300 Seiten eine Sammlung abstruser Moleküle, wirrer Synthesen und zahlreicher praktischer Ratschläge für den Alltag im Labor heraus. Das Fach studiert zu haben ist mitunter hilfreich, aber keinesfalls die Voraussetzung dafür, das Buch mit Gewinn zu lesen.

„Diterpene“ in hinterindischen Wurmfarnen
Hopf (TU Braunschweig) und Jacobi (FH Kaiserslautern) haben abseits ihrer vollkommen ernsthaften Forschung aus zahlreichen Quellen ungewöhnliche Details recherchiert. Während die Erläuterungen zur Substanzklasse der „Diterpene“ in hinterindischen Wurmfarnen und über eine nicht veröffentlichte Arbeit mit dem Titel „Vom Torfrock zum Biorhythmus“ ganz unter dem Motto „Da lacht das Labor“ stehen, ist die kritische Auseinandersetzung mit angeblich rechtsdrehendem Quellwasser sehr ernst gemeint. Dies gilt auch für die Analyse jener akademischen Karrieren, die lediglich auf einem Bluff fußen. Dazu passen die Ausführungen darüber, wie sich ein
auf eine sichere Stellung spekulierender Postdoc am besten ausnutzen lässt (der Tipp für den vorgesetzten Professor lautet: „Säen Sie Hoffnung in die Herzen der Enttäuschten und Mutlosen“). Hinzu kommt ein Grundkurs in chemischer Bürokratie.

Humorkatalysierte Synthesen
Die in dem Band zahlreich versammelten „humorkatalysierten Synthesen“ oder der Abschnitt über das „Methin und seine Sphäromerisierungen“ sind Lektüre unter anderem für jene Akademiker, die die Nase auch nach einem weniger erfolgreichen Tag im Labor noch nicht restlos voll haben und etwas ausspannen wollen. Dafür ist diese irre Sammlung chemischer Details, sonderbarer Anekdoten und überflüssiger Studien mit großer Sicherheit so gut geeignet wie kaum ein zweites Buch. Und sehr wahrscheinlich wird
auch niemand auf die Idee kommen, noch so ein Werk zu verfassen. Alles in allem erscheint die „Humoristische Chemie“ daher als ein lobenswertes Wagnis des Weinheimer Verlags.

Thilo Resenhoeft
 

Ralf A. Jacobi, Henning Hopf (Hrsg.)
Humoristische Chemie – Heiteres aus dem Wissenschaftsalltag
Verlag WILEY-VCH, Weinheim, 273 Seiten, 24,90 Euro,
ISBN 3-527-30628-5